Zinsen der griechischen Staatsverschuldung: Die „Bombe“ der kommenden Jahre, für die sich niemand interessiert
Für einen Staat ist es ein Fluch, Politiker zu haben, die die Wahrheit vor dem Volk verbergen. Ebenfalls ein Fluch ist es, Journalisten zu haben, die entweder die Realität nicht verstehen, oder sie verstehen aber diese verbergen. Ein Fluch ist es, Akademiker zu haben, die gefallen daran finden, in den Medienfenstern aufzutreten und „Weintraubenblätter-Philosophie“* verbreiten oder von den Dutzenden Vorständen - bei welchen sie mitwirken - „dick“ zu kassieren, mit unklarer Aufgabe und Angebot. Dabei sollten sie sich in ihren Schulen befinden oder Studien und Forschungen durchführen. Der grösste Fluch jedoch für das Land ist es, ein Volk zu haben, das Gefallen daran findet, sich „Honig ums Maul schmieren“ zu lassen, an einfachen Worten und fiktiven Überschüssen…
*("Weintraubenblätter-Philosophie"
ist eine griechische (abfällige) Redewendung für oberflächliche und grosse
theoretische Debatten ohne originelle und sachhaltige Argumente.)
Vor wenigen Tagen hat aufgrund einer Anfrage der Ministerin
der DHMAR, Maria Giannakaki, die Organisation für Verwaltung der
Staatsverschuldung (ODDHX), dem Parlament einen Situationsplan mit den Zinsen
und der Tilgung der Staatsschulden weitergeleitet, wie diese bis zum Jahr 2030
geschätzt werden. Die entsprechende Tabelle sieht wie folgt aus (in Mrd. Euro):
- Jahr 2013: Tilgung 12,890 – Zinsen 5,887
- Jahr 2014: Tilgung 24,900 – Zinsen 6,026
- Jahr 2015: Tilgung 16,018 – Zinsen 5,878
- Jahr 2016: Tilgung 7,075 – Zinsen 6,028
- Jahr 2017: Tilgung 7,480 – Zinsen 6,405
- Jahr 2018: Tilgung 4,672 – Zinsen 6,590
- Jahr 2019: Tilgung 9,949 – Zinsen 6,622
- Jahr 2020: Tilgung 7,052 – Zinsen 6,360
- Jahr 2021: Tilgung 7,169 – Zinsen 10,956
- Jahr 2022: Tilgung 8,873 – Zinsen 24,489
- Jahr 2023: Tilgung 11,186 – Zinsen 17,551
- Jahr 2024: Tilgung 10,864 – Zinsen 13,641
- Jahr 2025: Tilgung 8,795 – Zinsen 9,030
- Jahr 2026: Tilgung 8,569 – Zinsen 8,642
- Jahr 2027: Tilgung 8,453 – Zinsen 8,215
- Jahr 2028: Tilgung 8,060 – Zinsen 7,779
- Jahr 2029: Tilgung 7,308 – Zinsen 7,290
- Jahr 2030: Tilgung 7,329 – Zinsen 6,853
Die Entwicklung der Tilgung hat hauptsächlich mit den heute
von der EZB gehaltenen Anleihen zu tun (diejenigen, die sie mit ca. 70% ihres
Nominalwertes gekauft haben und wir heute angehalten sind, zu 100%
zurückzubezahlen). Diese enden grösstenteils bis zum Jahr 2017. Ebenfalls
beruht ein grosser Teil der Tilgung auf den Krediten des IWF, mit welcher
Abzahlung wir dieses Jahr beginnen.
Weshalb jedoch
besteht diese Ungleichverteilung der Zinsen?
Dies beruht darauf, dass die Kreditgeber (Regierungen der
Eurozone) in der Vereinbarung von 2012 eine „Gnadenfrist“ von zehn Jahren zur Bezahlung
der Zinsen vorgesehen haben. Dies selbstverständlich deshalb, weil es für
Griechenland in der heutigen Phase unmöglich ist, die Zinsen zu bezahlen.
Natürlich bedeutet die „Gnadenfrist“ nicht, dass das Land gänzlich von den
Zinsen befreit wird. Die Zinsen werden berechnet und in ihrer Gesamtheit
zwischen 2021 und 2024 (d.h. zehn Jahre nach der Kreditauszahlung) fällig
werden.
Wie hoch sind diese
Zinsen?
Die Zinsen werden auf
ca. 45 Mrd. geschätzt. Und tatsächlich ist dies nunmehr die günstigste
Version. Da der Zinssatz mit dem Euribor-Zinssatz zusammenhängt (1,50% plus 3
Monate Euribor-Zinssatz), was bedeutet, dass dieser nicht stabil ist und sich
täglich ändert. Es wird jedoch geschätzt, dass die ODDHX die Zinsen aufgrund
des heutigen Euribor-Zinssatzes berechnet hat, der sich bei ca. 0,30% befindet,
das niedrigste Niveau seiner Geschichte (während der letzten vier Jahre bewegte
sich der Euribor-Zinssatz von 0,19% bis 1,80%).
Um diesen Betrag jedoch zu verstehen – die Bewegungen des
Zinssatzes beeinflussen die Verschuldung unseres Landes -, ist erwähnenswert,
dass die Veränderungen des Euribor um 1% die jährlichen Zinsen um 1,7 Mrd. Euro
verändern (je nach Richtung der Veränderung). D.h., sollte der Euribor um 1%
steigen, steigt die Belastung für unser Land bis 2024 um 17 Mrd. Euro und die
von uns geschuldeten Zinsen erreichen 62 Mrd. Euro, statt der heute berechneten
45 Mrd. Euro. (Diese „heikle“ Stelle wird
auch im Schreiben der ODDHX unterstrichen, wo angemerkt wird, dass „es sich bei
den gesetzten Zinsen um Schätzungen handelt, bei welchen es sich jedoch um
generell anerkannte Methoden handelt, wie die Verwendung von zukünftigen
Zinskurven“).
Wo diese 45 Mrd. Euro
finden (oder vielleicht auch mehr) bis zum Jahr 2024 (natürlich wird sich das
Problem bereits ab 2021 verstärken)?
In welchem seriösen Staat Europas auch immer würden die Alarmglocken läuten und wäre
Grund zu Diskussionen und politischer Planung. In Griechenland haben wir das
Problem einfach begraben, und wir reden nicht darüber.
Aber warum sollten sich unsere Politiker auch dafür
interessieren? 2021 liegt für sie noch
weit entfernt. Was heute interessiert, ist wie die Stimmbürger angesichts
der Euro-Wahlen betrogen werden können. Ausserdem, wer von diesen Politikern
wird sich im Jahr 2021 in der zentralen Politik befinden?
Ist das Jahr 2021 jedoch tatsächlich so weit entfern? Leider
nicht. Und das Land muss sich – zum zweiten Mal innerhalb nur eines Jahrzehnts –
wie die „Jungfrau“ benehmen und sich in der Sackgasse befinden. Weil die
Sackgasse erneut Leiden bedeuten wird.
Was könnte geschehen?
Leider hat die Behandlung der Schuldensache durch die
Regierungen seit Beginn 2010 bis Ende 2012 nicht viel Spielraum offengelassen. Die
für unser Land gefällten katastrophalen Entscheidungen beschreibe ich in meinem
Buch „Unsere Verluste, ihre Gewinne – Die Plünderung Griechenlands“.
Heute gibt es nur eine Lösung für das auf uns zukommende
Problem, indem wir in den von uns geführten Verhandlungen mit unseren
Kreditgebern bezüglich unserer Schulden bestimmte Bedingungen fordern. Diese
Bedingungen beschreibe ich in meinem Artikel mit dem Titel „Was muss Griechenland von
ihren Partnern fordern in den Diskussionen zur Regelung der Staatsverschuldung“.
Von allem, was ich in diesem Artikel beschreibe, will ich
v.a. auf Punkt d verweilen mit dem Titel: Senkung
des Schuldzinses – Einführung einer „BIP-Klausel“. In diesem Punkt merke
ich an, dass Griechenland eine weitere Zinssenkung fordern muss. In der
heutigen Rezessions-Phase oder auch den folgenden Jahren kann das Land die
Bezahlung der Zinsen, die 7 Mrd. Euro erreichen oder sogar übersteigen (das ist
in etwa der Betrag, der heute bezahlt wird), nicht ertragen, da diese 4% des
BIP ausmachen. Sollte das Land die Senkung der Auslagen um ca. die Hälfte
erreichen, wird das Haushaltsbudget (und mit ihm auch die Gesellschaft) einen
grossen Atemzug nehmen können.
Einführung einer „BIP-Klausel“
Dies erscheint logisch, denn es würde neue Abenteuer für das
Land verhindern, wenn die Regierung die Einführung einer „BIP-Klausel“ für die Schuldzinsen
fordern würde.
Dies könnte durch eine Vereinbarung mit den Kreditgebern realisiert
werden, dass während der Laufzeit des – entsprechenden – Kredits, das Land
Zinsen bis zu einer bestimmten Höhe bezahlen würde, in Prozenten des BIP mit
der Annahme, dass diese zwischen 2,0% und 2,5% des BIP liegen werden. Auf Basis
der gesamten Schuld verringert sich dieser Anteil entsprechend des
Abzahlungsgrades der Schuld oder auch mit der Erhöhung des BIP, wie dies in
weiter Zukunft der Fall sein wird.
Es wird darauf hingewiesen, dass in den Jahren der Krise die
Ausgaben für Griechenland zur Tilgung des Kredits sogar das Niveau von 7% des
BIP überstiegen, wobei aufgrund der berechneten Zinsen gemäss Tabelle während des
Jahres 2022 10% des (dannzumaligen) BIP übersteigen wird.
Eine solche Klausel hätte einen offensichtlichen Vorteil, da
sie die Zinsauslagen auf einem kontrollierbarem Niveau halten würde. Eine
Tatsache, die einen stabilisierenden Faktor in den Anstrengungen, die das Land
in den kommenden Jahren unternehmen muss, der Finanzplanung darstellen würde.
Während das politische System des Landes nach Möglichkeiten
sucht, um das Volk im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen zu beeindrucken
und zu besänftigen, ziehen neue Wolken im Himmel auf - Wolken, die einen neuen
grossen Sturm, neue Angriffe von Seiten der Kreditgeber und neue – langfristige
– Abhängigkeiten von diesen hervorrufen sowie das Land in neue Verluste
stürzen.
Autor: Giannis Siatros, Ökonom
Quelle: forologoumenos.gr
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