Erneute Schaffung eines gerechten, stabilen und einfachen Steuersystems in Griechenland



Wie viele Regierungen schon davor, spricht auch SYRIZA von der Einführung eines gerechten und einfachen Steuersystems. 

In Griechenland herrscht seit Jahren jedoch mehr oder weniger das Gegenteilt. Anstatt eines gerechten, stabilen und einfachen Steuersystems schufen die ständigen Änderungen, der unklare Rahmen, die Erhebung immer neuer Steuern, die hohe Steuerbelastung und eine Reihe anderer Faktoren nicht nur ein negatives Wirtschaftsklima, sondern führten auch zu noch mehr Unsicherheit und Vertrauensverlust beim Bürger, den Unternehmen und Investoren. 

Mit dem Wechsel der Regierung seit dem 25. Januar 2015 stehen erneute Änderungen u.a. auch im Steuersystem bevor. Dieses Phänomen wird immer wieder beobachtet, sobald eine neue Regierung an die Macht kommt. Und nur schon allein aus dieser Tatsache heraus kann grundsätzlich nicht von einem stabilen Steuersystem gesprochen werden. 

SYRIZA hat sich nicht nur zum Ziel gesetzt für Einkommensschwache die Steuerbelastung zu senken, im zweiten Halbjahr 2015 das Steuersystem neu zu gestalten, sondern hat auch den Steuerhinterziehern mit drakonischen Massnahmen und Strafen den Kampf angesagt.

Untenstehend haben wir die kürzlich veröffentlichten Meldungen des Finanzministeriums zusammengefasst. Diese umfassen u.a. die Steuerhinterziehung und Änderungen des Steuersystems: 

1.       Steuerhinterziehung - Pfändung nicht deklarierter Vermögenswerte   
Die Aufdeckung der Steuerhinterziehung stellt für die neue Regierung eine der grössten Herausforderungen dar, nachdem sie in diese ihre Hoffnung zur Erhöhung der öffentlichen Einnahmen und Umsetzung ihrer Versprechen legt. 

Untersucht wird u.a. auch die Pfändung nicht deklarierter Vermögenswerte, wobei den Steuerpflichtigen vorher die Möglichkeit eingeräumt wird, ihr gesamtes bewegliches und unbewegliches Vermögen beim Vermögensregister zu melden. Konkret bedeutet dies im Falle der Nicht-Meldung, dass die Steuerbehörden sofort zur Pfändung des entsprechenden Vermögens schreiten können. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Behörden davon Kenntnis haben. 

Eines der von SYRIZA untersuchten Szenarien sieht folgendes vor:

1.   Jede Änderung der Vermögenssituation muss vom Steuerpflichtigen:

          - mit einem rechtlich gültigen Dokument nachgewiesen werden,
          - mit ihren in ihrer jährlichen Steuererklärung deklarierten Einkommen begründet sein.
 
Sind Vermögenswerte vorhanden, die oben genannte Voraussetzungen nicht erfüllen, werden Zuschläge und Sanktionen auferlegt, die (in Fällen der Steuerhinterziehung grossen Ausmasses) sogar die Höhe der Vermögenswerte erreichen können.  
 
2.       Mit dem jährlichen Steuerbescheid wird gleichzeitig das Kapital für die kommenden Jahre berechnet, so dass jegliches fiktive Einkommen*1 (den Meldungen zu Folge, soll das fiktive Einkommen jedoch abgeschafft werden) begründet werden kann. 
  
3.       Jeder Person, die Einnahmen/Einkommen oder ein Gehalt vom griechischen Staat erhält, unterschreibt eine entsprechende eidesstattliche Erklärung, mit welcher der Staat die Möglichkeit hat, aus der Veräusserung ihrer Vermögenswerte die Differenz zwischen den aufgrund ihrer Steuererklärung begründeten und den nicht deklarierten Beträgen einzunehmen (mit einem Zuschlag von bis zu 100%). 
  
4.       Die Steuerdeklaration soll automatisch eine "Vollmacht" sein. D.h. diejenigen, die der Gerichtsbarkeit des griechischen Steuersystems unterstehen, bevollmächtigen mit der jährlichen Steuerdeklaration den Staat, jedwelche und zu welchem Zeitpunkt auch immer im Ausland festgestellten Einlagen, Anlageprodukte, Unternehmensbeteiligungen usw. sicherzustellen, ohne dass diese Vermögenswerte den griechischen Steuerbehörden zur Kenntnis gebracht worden sind*2 (im Zuge des Informationsaustausches zwischen den Ländern, siehe unten). Diese Sicherstellung soll nur dann aufgehoben werden, sofern nachgewiesen wird, dass sich der entsprechende Betrag aus dem entsprechenden positiven Ergebnis in der Steuerdeklaration ergibt. 
 
 5.       Lotteriegewinne, OPAP usw. können zum Nachweis der „Herkunft der Gelder“ nur eingesetzt werden, wenn die entsprechenden Lose zum Zeitpunkt des Kaufes auf den Namen ausgestellt wurden. 
  
6.       Die Banken, die Börsenaufsichtsbehörde, Treuhänder von Anlageprodukten usw. sind verpflichtet, die Steuerbehörden (auf Verlangen) mittels eines speziellen elektronischen Formulars zu informieren, über: 
 
-          den Saldo der Bankeinlagen, am gleichen Tag,
-          elektronisch erfasste Dokumente, innerhalb 10 Tagen,
-          nicht elektronisch erfasste Dokumente, innerhalb 30 Tagen.
 
7.       Bezüglich der „Herkunft der Gelder“ und deren Kontrolle wird der Einsatz einer speziellen Behörde untersucht. Die Kontrollen sollen v.a. diejenigen erfassen, die in den letzten Jahren grössere Geldsummen ins Ausland transferiert haben, sowie bei
 
-          Direktoren, Beratern und Mitgliedern des Verwaltungrates grosser Unternehmen (AG/GmbH),
-          Ingenieuren, die öffentliche Arbeiten ausgeführt haben und Konstrukteuren,
-          den gesamten Politikern und Journalisten,
-          Führungskräften der Bankinstitute und Vermögensverwaltungsgesellschaften,
-          Kader der Verwaltung (Generalsekretäre, Direktoren, Berater usw.),
-          öffentlich Bediensteten (an Kontrollpositionen oder Versorgungspositionen),
-          privaten Medienunternehmen und
-          verdeckten Personen in Offshore-Gesellschaften.

2.       Steuer auf unbeweglichem Vermögen
Die Einheitssteuer auf unbeweglichem Vermögen (ENFIA) soll durch die Steuer auf grossem unbeweglichem Vermögen (FMAP) ersetzt werden. Die Einführung ist ab 2015 geplant, wobei die Steuerpflichtigen ihre Verpflichtungen, d.h. Bezahlung der letzten Rate ENFIA für das Jahr 2014 im Februar – noch zu erfüllen haben. 

Das Finanzministerium spricht in seiner Mitteilung bezüglich der Einführung des FMAP über die Steuerbefreiung des Erst-Wohnsitzes für die Mehrheit der Bürger (besteuert werden nur die Luxusliegenschaften). Gleichzeitig sollen die Verkehrswerte der Immobilien angepasst werden (diesbezüglich sei zu erwähnen, dass aufgrund von Art. 41 und 41A N. 1249/1982 die Steuerverwaltung verpflichtet ist, eine Anpassung an die aktuellen Gegebenheiten der Verkehrswerte alle zwei Jahre vorzunehmen. Seit 2007 wurde dem jedoch nicht nachgekommen).

3.       Fällige Steuerschulden
Die Absprachen bezüglich Ratenzahlungen von bis zu 100 Raten sollen weiterhin für einige Monate gelten, ohne jedoch die bisher geltenden Einschränkungen, die Bürger daran hinderte, sich dieser Ratenzahlungs-Möglichkeit zu unterstellen. 

4.       Einführung des neuen Steuersystems
Im zweiten Halbjahr 2015 soll das neue Steuersystem geschaffen werden, das ab 2015 Gültigkeit haben soll (Einkommen des Jahres 2015, Deklaration im Jahr 2016). Unter anderem soll auch der Steuerfreibetrag von 12‘000 Euro und eine einheitliche und progressive Steuerskala eingeführt werden. 

Die Steuerbelastung soll analog der tatsächlich vorhandenen Steuerleistung und nicht aufgrund fiktiver Tatbestände*1 gerecht verteilt werden. In den letzten Jahren sei die tatsächliche Steuerleistung schrittweise beseitigt worden. Diese könne jedoch dank der heutigen elektronischen Datenerfassung und der dadurch möglichen Datenkreuzung mit entsprechender Genauigkeit für die meisten Bürger festgestellt werden.
  
8.       Vertrauen und Aufwertung des Potentials öffentlicher Dienste
Das Vertrauen und die Aufwertung des Potentials öffentlicher Dienstleistungen auf allen Ebenen und eine radikale Modernisierung der Infrastruktur gehört zu einem weiteren Vorhaben. 

5.       Mehrwertsteuer
Die Mehrwertsteuer sollte in der Tourismus- und Gastgewerbebranche erhöht werden. Mit diesem Zug jedoch, würde im einzigen Wirtschaftssektor, der in den letzten Jahren einen Aufschwung verzeichnen konnte, den Teppich unter den Füssen weggezogen. Weshalb eine solche Erhöhung in diesen Branchen nicht in Erwägung gezogen wird. 

Dasselbe gilt auch für die Medikamente. Zu einer Zeit, in der Millionen von Bürgern mit ihrem Einkommen nicht einmal ihren Anteil daran bezahlen können, wäre eine solche Erhöhung nicht angebracht. 


Aufgrund oben Gesagtem und den zu erwartenden Änderungen im griechischen Steuersystem bleibt zu hoffen, dass es dieses Mal gerecht, stabil und einheitlich sein wird. Damit nicht nur das verloren gegangene Vertrauen zurückgewonnen, sondern auch die Wirtschaftstätigkeit im Land dadurch angekurbelt werden kann.



*1 Fiktives Einkommen resp. mutmasslich berechnetes Einkommen: In Griechenland wird bis heute grundsätzlich zwischen tatsächlich erzieltem und dem mutmasslich berechneten Einkommen unterschieden. Dieses fiktive Einkommen wird aufgrund der vorhandenen Vermögenswerte (Fahrzeug, Immobilien, Yacht usw.) und der Lebenshaltungskosten des Steuerpflichtigen berechnet, d.h. wie hoch müsste das Einkommen zum Erhalt und Unterhalt der vorhandenen Tatbestände sein. Aus dieser Tatsache heraus, kommt es in der Praxis durchaus vor, dass dem Rentner, der im Besitz/Eigentum einer Wohnung ist, ein fiktives Einkommen für diese Wohnung berechnet wird, das weit über seine tatsächlichen Wirtschaftsfähigkeit hinausgeht. Für die entsprechende Differenz zwischen tatsächlichem und fiktivem Einkommen wird er zusätzlich besteuert. 

*2 Informationsaustausch: Mit dem OECD-Abkommen (2012) wurden Standardregeln zum Informationsaustausch erlassen (sog. Amtshilfeabkommen). Deren Umsetzung durch die das Abkommen unterzeichnete Länder erfolgt, dies einerseits durch die Umsetzung in innerstaatliches Recht oder durch bilaterale Abkommen (wie z.B. das Doppelbesteuerungsabkommen oder Steuerinformationsabkommen). Dieses OECD-Abkommen vom Jahre 2012 legt somit grundsätzlich Standardregeln und keine Verpflichtung des automatischen Zugangs zu Informationen fest. Womit die Länder grundsätzlich auf nationaler Ebene frei sind, ob und in welchem Umfang Informationen freigegeben werden sollen und wie der entsprechende administrative Ablauf aussieht. 

Die Standardregeln für automatischen Austausch von Informationen(AIA) wurden im Oktober 2014 von 58 Staaten und Territorien unterzeichnet. Die ersten 58 Staaten beabsichtigen den Datenaustausch ab 2017 und 35 Staaten ab 2018. 

Die Umsetzung des AIA erfolgt entweder mit einem bilateralen Staatsvertrag oder kann auf Grundlage des Multilateral Competent Agreement (MCAA) umgesetzt werden (unterzeichnet von 51 Staaten). Das MCAA basiert auf dem OECD-Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen und sieht vor, dass der AIA zwischen den Unterzeichnerstaaten bilateral aktiviert wird. Dies setzt jedoch voraus, dass das Amtshilfeabkommen in beiden Staaten in Kraft ist, das MCAA unterzeichnet und bestätigt wurde und dass die zur Umsetzung des AIA-Standards notwendigen Gesetze und Grundlagen vorhanden sind. Zudem müssen beide Staaten dem Sekretariat des MCAA mitgeteilt haben, dass sie mit dem anderen Staat Informationen auf automatischer Basis austauschen möchten. 

In Griechenland will man nun durch die Erklärung, die Steuerdeklaration sei automatisch eine „Vollmacht“, grundsätzlich eine „Umgehung“ des AIA-Prozesses bewirken, indem die griechischen Steuerbehörden vorab nicht von den ausländischen Behörden über eventuell in diesem Land vorhandenen Vermögenswerte Kenntnis erhalten haben müssen (d.h. die griechischen Steuerbehörden wollen theoretisch mit dem Vorhandensein einer solchen „Vollmacht“ selbständig Informationen im Ausland einholen). Der Datenaustausch – wie oben erwähnt – erfolgt jedoch grundsätzlich nur bei Vorhandensein der entsprechenden Voraussetzungen. 

Eine Person ist grundsätzlich frei zu entscheiden, ob und an wen er eine Vollmacht - in seinem Namen zu handeln - erteilt. Die Unterzeichnung der Steuerdeklaration ist jedoch Pflicht, weil mit der Unterschrift die vom Steuerpflichtigen wahrheitsgetreuen und korrekten Angaben bestätigt werden.  Folglich stellt sich diesbezüglich die Frage, ob aus Sicht der jeweiligen Staaten diese „Vollmacht“ formell die Voraussetzungen zur Informationsherausgabe erfüllt, ohne dass sich diese auf die Multilateralen und/oder bilateralen Abkommen berufen werden. Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass dies eher nicht der Fall sein wird.

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