Auch das Denken soll besteuert werden
Artikel von Theodosis Mpountourakis
Unsere „erleuchteten“ Regierenden
haben sich entschieden, alles und jeden zu besteuern. Alles was
kriecht, fliegt und schwimmt, wie der Volksmund zu sagen pflegt.
Und innerhalb dessen, was in jedem
ernsthaften Staat besteuert wird - wie das Einkommen -, drangen sie
wie ein Wirbelsturm ein und erhöhten die Steuersätze, die
Steuervorschüsse und die Versicherungsbeiträge auf räuberische Art
und Weise mit dem Resultat, die Arbeitnehmer auszurotten, die
selbständig Erwerbenden zu vernichten und den kleinen und grossen
Unternehmen den Garaus zu machen.
Monomanische Phantasie
Und nachdem sie die Einkommen
aufgesogen hatten, wandten sie sich den Immobilien zu. Mit einer
übermässigen und über das sich aus diesen ergebenden Einkommen
hinaus gehenden Besteuerung des Immobilienbesitzes, was im
Wesentlichen zu einer nach und nach sich ergebenden Beschlagnahmung
führte. Danach wandten sie sich dem Handel zu und hoben die MWST
explosionsartig an. Fahrzeuge, Benzin, Mobiltelefonie, bis hin zum
TV-Abo, alles passiert das Bett des steuerlichen Prokrustes.
Der Steuersturm endet jedoch nicht
hier. Jetzt beginnt die monomanische Phantasie der neostalinistischen
Hirne zu arbeiten! Nachdem wir mit der Besteuerung der materiellen
Dinge fertig sind, lasst uns zur platonischen Welt der Gedanken
und des Wissens schreiten. So wird (letztendlich) die Kluft zwischen
Marx und Platon überbrückt.
Wissen ist Macht
„Scientia est potentia“: Wissen ist
Macht. Eine Phrase, die Francis Bacon, dem Patriarchen der englischen
Philosophie, zugeschrieben wird. Da also das Wissen Macht ist, lassen
wir uns das Wissen besteuern. Also Angriff auf die private mittlere
Bildung und Krieg gegen die privaten Universitäten. Und wenn die
Besteuerung nicht möglich ist, lasst sie uns schliessen.
Alles, was mit privater Bildung zu tun
hat, muss besteuert oder nach unten auf das Niveau der
öffentlichen Schulen gebracht werden. Und was kümmert es, dass das
Recht der Bürger auf freie Wahl zwischen öffentlicher und privater
Bildung, ein in jeder bürgerlichen Demokratie europäischen Typs
unantastbar verankertes Recht, beschnitten wird.
Lasst uns das Internet besteuern!
Etwa so sieht heute eine moderne und
verfeinerte Form der mittelalterlichen spanischen Inquisition aus.
Damals brachte das Wissen Galiläus auf den Scheiterhaufen. Heute
führt das Wissen zum Fiskus! Quelle des Wissens ist jedoch in der
modernen Welt nicht nur das Bildungswesen. Gleichermassen ist es auch
das Internet, die grösste kulturelle Erfindung des Menschen nach dem
Rad!
Also lasst uns das Internet besteuern.
Ich bekam wirklich einen Schock, als ich von diesem Vorschlag erfuhr.
Internet-Steuer! Steuer auf den Informationen und das Wissen!
Nichts ist Zufall. Im Mittelalter und
in den modernen totalitären Regimen wurden die „gefährlichen“
Bücher verbrannt. In der heutigen Zeit wird das Internet besteuert.
Immerhin besser. In der Türkei und China wurde von der Regierung das
Internet lahmgelegt, als es ihnen gefährlich erschien, und so kamen
sie zur Ruhe. Sind sie weniger Demokraten?
Denken - des Menschen höchstes Gut
Es gibt aber noch etwas, was nach dem
Wissen noch nicht besteuert wird. Das Denken!
Ich schlage nun vor, dass auch das
Denken besteuert wird. Warum also sollte das Denken, welches die
grösste Triebkraft darstellt - jedoch auch oft gefährlich für die
Herrscher -, unversteuert bleiben. Praktisch könnte dies so
aussehen:
Regional werden sich politische
Ausschüsse zusammenfinden, welche die Bürger einmal im Monat einladen,
damit diese detailliert über ihre Gedanken des letzten Monats
Auskunft geben. Vorrang wird den in letzter Zeit aufmüpfig
gewordenen Journalisten gegeben. Und wenn die Gedanken als verdächtig
oder im Widerspruch zu den Statements des Regimes stehend befunden
werden, wird der Bürger besteuert. Werden diese wiederum als mit dem
parteilichen Evangelium in Einklang stehend beurteilt, wird der
Bürger in den öffentlichen Dienst aufgenommen oder, sollte er es
bereits sein, erhält er zusätzliche Bonuspunkte oder er wird von
der angeblich alle drei Jahre erfolgenden - sei dies auch nur
formellen - Beurteilung ausgenommen.
Also los Leute. Noch etwas Phantasie
und noch einige Steuern mehr, und wir schaffen es, dass Orwell an die
paradiesische Insel Utopia erinnert. Bis wir zum Albanien unter Enver
Hodscha mutieren, haben wir noch ein Stückchen Weg vor uns. Aber
auch das werden wir schaffen.
Theodosis Mpountourakis, Ökonom
Quelle: capital.gr
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